Finanzierung der Pflegeversicherung

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Dass die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung in Deutschland in absolute Schieflage geraten ist, wissen nur wenige Insider. Der Gesetzgeber reagiert mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) in letzter Minute und beschließt eine spürbare Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung zum 1. Juli 2023.

„Soziale Pflegeversicherung – Sicherung der Finanzierung in letzter Minute …“

PUEG: Kinder-Rabatt im Pflegebeitrag umgesetzt

Was war geschehen? Nach einem Minus in der Bilanz der Pflegeversicherung in Höhe von 2,25 Mrd. EUR im Jahr 2022 waren die Liquiditätsreserven der Pflegeversicherung bei weiter steigenden Kosten im Jahr 2023 auf nahezu null gelaufen. Nur durch deutlich höhere Beitragseinnahmen ab Juli 2023 konnte eine Zahlungsunfähigkeit der Pflegekassen vermieden werden.

Gleichzeitig setzt der Gesetzgeber mit dem PUEG auch die vom Bundesverfassungsgericht aufgegebene höhere Berücksichtigung der Elterneigenschaft im Pflegeversicherungsbeitrag um. Vereinfacht gesagt, ist die Anzahl der Kinder im Pflegeversicherungsbeitrag als „Rabatt“ zu berücksichtigen.

Leider konnte der Gesetzgeber zur Feststellung der Elterneigenschaft keine pragmatische Lösung finden. Vielmehr wurden Arbeitgeber, Pflegekassen und die Rentenversicherung wenige Tage vor dem 1. Juli mit der Aufgabe betraut, für die etwa 57 Millionen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler die jeweilige Anzahl der Kinder sowie deren Alter amtlich festzustellen, um den Pflegeversicherungsbeitrag in einer von sechs Stufen festzulegen. Es wird daher erst im Laufe der nächsten Monate gelingen, alle Beitragspflichtigen korrekt einzustufen. Selbstverständlich werden möglicherweise zu viel gezahlte Beiträge von den Arbeitgebern und Pflegekassen zurückgerechnet und erstattet. Ein gigantischer Aufwand für alle Beteiligten.

Verbesserte Leistungen der Pflegeversicherung

Neben der Beitragssatzanpassung wurden aber auch Leistungsverbesserungen in der sozialen Pflegeversicherung beschlossen. Im ersten Schritt werden die Hauptleistungen im häuslichen Bereich angehoben: Zum 1. Januar 2024 steigt das Pflegegeld um 5 Prozent an. Gleichzeitig werden auch die Leistungsbeträge für ambulante Sachleistungen, also häusliche Pflegehilfen durch ambulante Pflege- und Betreuungsdienste, um 5 Prozent angehoben.

Zum 1. Januar 2025 steigen dann alle Leistungsbeträge der Pflegeversicherung – sowohl im häuslichen als auch im teil- und vollstationären Bereich – in Höhe von 4,5 Prozent an. Auch das Pflegegeld und die ambulanten Sachleistungen steigen mit diesem Schritt nochmals um 4,5 Prozent an. Zum 1. Januar 2028 ist eine weitere Erhöhung geplant, die sich am Anstieg der Kern-Inflationsrate in den drei vorausgehenden Kalenderjahren, für die zu diesem Zeitpunkt die Daten vorliegen, orientiert.

Die soziale Pflegeversicherung stellt in den kommenden 45 Jahren eine gewaltige gesellschaftliche Herausforderung für uns alle dar. Die Politik wäre gut beraten, notwendige Schritte frühzeitig einzuleiten, um „Schiffbruch“ zu vermeiden.

Ich wünsche Ihnen Zuversicht und einen entspannten Herbst.

Ihr
Helmut Heller
Vorstand

Veröffentlicht: 18.08.2023 - Aktualisiert: 24.04.2024